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Spartakus im Kriege - Dokument 1. Die Ursachen des Weltkrieges (Herbst 1914)
samedi 1er novembre 2025, par
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Spartakus im Kriege Einleitung
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Die Ursachen des Weltkrieges.
Einleitung.
Plötzlich und unerwartet ist das entsetzliche Unglück des Krieges über uns hereingebrochen, eines Krieges, wie ihn die Welt noch nie gesehen hat.
Umfang.
Fast ganz Europas Steht in Waffen, Deutschland, Österreich, Rußland, Serbien, Frankreich, Belgien, England, die Türkei und vielleicht werden noch andere Länder hineingezogen werden.
Millionenheere stehen Schon im Kampf — im ganzen harren 25-30 Millionen des Winkes, übereinander herzufallen.
Technik.
Die Technik des Menschenmordens ist zu grauenhafter Vollkommenheit gebracht. Die kleinkalibrigen Gewehre mit ihrer furchtbaren Durchschlagskraft, die Maschinengewehre, die 900 Schüsse in der Minute abgeben, Schrapnells, Flatterminen, elektrische Drähte, Stacheldrahtverhaue, die 42-cm-Geschütze, die von mehr als 100 Personen bedient werden, durch Fernzündung entladen, weil sonst der Luftdruck die Artilleristen töten würde, die alles zu Brei zermalmen und die Überlebenden noch durch die giftigen Gase ihrer Riesengeschosse töten.
In der Luft, auf dem Land, auf dem Wasser und unter dem Wasser prallen die Kämpfer zusammen.
Fürchterliche Verluste bis Mitte September :
36 531 Tote, 159 165 Verwundete, 55 522 Vermißte ; 251 218 Gesamtverluste. Jetzt Ende Oktober mindestens das Dreifache dazu.
Wirtschaftliche Begleiterscheinungen,
Stockung des Verkehrs, Arbeitslosigkeit, Mangel an Lebensmitteln (Eier, Butter, Futtermittel usw.) und Rohstoffen Schon Jetzt.
Am bedrückendsten ist die Veränderung, die mit allen Menschen vor Sich gegangen zu sein scheint, bis tief in unsere Reihen hinein. Da wird auf Russen, Franzosen und Engländer geschimpft, als ob nie ein Karl Marx gesagt hätte : Proletarier aller Länder, vereinigt euch ! Als ob wir nie am 1, Mai und auf internationalen Kongressen für Völkerfrieden und Verbrüderung eingetreten wären.
Da haben sich auch organisierte Arbeiter an der Spionen verfolgung und Ausländer hetze der ersten Tage beteiligt. Reichstagsabgeordnete und andere „führende“ Genossen stellen sich freiwillig oder Senden ihre Söhne als Freiwillige. Parteizeitungen lassen Sich fortreißen von dem Taumel der Kriegsbegeisterung und des Chauvinismus.
Demgegenüber ist es Pflicht eines jeden Parteigenossen, der nicht nur zahlendes Mitglied, Sondern überzeugter Mitkämpfer war, Sich den Kopf klar zu halten, Sich nicht von dem äußerlichen Drum und Dran, Sich von den äußerst geschickt aufgebauten Kriegstheaterkulissen täuschen zu lassen, Sondern den Dingen auf den Grund zu gehen.
Vor allem muß die Frage nach den Ursachen dieses Krieges aufgeworfen werden, denn aus ihnen gewinnen wir den Standpunkt für eine richtige Beurteilung der Ereignisse, wie auch die Einsicht in die Aufgaben, die wir zur Verhinderung ihrer Wiederholung zu erfüllen haben.
Anlaß und Ursache zu unterscheiden.
Die Ermordung des österreichischen Thronfolgers und was drum und dran hängt, das ist nur der Funke, der ins Pulverfaß fiel. Aber die Pulverfässer Standen schon lange bereit, und hätte dieser Funke nicht gezündet, so hätte es ein anderer getan.
Die Kriegsgefahr lauerte Seit Jahren unausgesetzt. Schon dreimal stand Europa im neuen Jahrhundert am Rande eines Krieges, während des russisch-österreichischen Konfliktes 1909 und während der Marokkokrise 1906 und 1911.
Welches sind die treibenden Kräfte ? Sie sind in erster Linie wirtschaftlicher Natur und entstammen der kapitalistischen Entwicklung der letzten Jahrzehnte.
Ausführung (nur Skizziert, s, Materialangaben).
Durch die technische Entwicklung sind die Produktionskräfte ungeheuer gewachsen.
Folge : Ein Überfluß von Produkten, für die auf dem inneren Markt kein Absatz ist. Eine Aufspeicherung immer größerer Kapitalien, die nach Verwertung drängen, aber im Inland keine gewinnbringende Anlage finden können.
1. Warenexport, 2. Kapitalexport.
1. 1912 führte Deutschland ein : 10691 Millionen Mark an Waren, darunter 5883 Millionen = 55 Prozent Roh- und Halbstoffe, 2945 Millionen = 27 Prozent Nahrungsmittel.
2. Kapitalexport : Nach Hilferding betrug 1906 das britische Auslandskapital 54 Milliarden, 1905 das französische Auslandskapital 32 Milliarden, 1906 das deutsche Auslandskapital 26 Milliarden.
Die Groß-Kapitalisten, die Bankkonzerne borgen den Regierungen noch unentwickelter, kapitalarmer Länder Geld für ihre Armeen, Bahn- und Straßenbauten, Bewässerungsanlagen usw.
Bedingungen Hohe Zinsen, Deckung des Warenbedarfs bei den Gläubigern, Überlassung von Bergwerksrechten oder anderen Landesreichtümern. Beispiele : Englisches Kapital in Ägypten, französisches Kapital in Marokko, deutsches in der Türkei (Bagdadbahn).
„Der Staat, durch die wachsenden Staatsschulden in Abhängigkeit vom Kapital geraten, wird der Hüter der kapitalistischen Interessen im Ausland :
1. dem borgenden Staat gegenüber, falls er nicht pünktlich die Bedingungen erfüllt — erst „diplomatischer Druck“, dann „militärische oder Flottendemonstration“, schließlich Besetzung des Landes ;
2. auch andern kapitalistischen Staaten gegenüber, die in dem Schuldenstaat auch ihren eigenen Kapitalisten Kapitalsanlagenmöglichkeiten verschaffen möchten oder bereits vorhandene Kapitalsinteressen verteidigen.
Dem Ausdehnungsbestreben des Kapitals folgt die Ausdehnungspolitik der Nationalstaaten, der Imperialismus, begleitet von einer uferlosen Rüstungspolitik, und diese Schaffen dauernde Konfliktsherde.
Als besondere Ursache des jetzigen Krieges :
1. Der österreichisch-serbisch-russische Gegensatz (s. Bauer :
Der Balkankrieg und die deutsche Weltpolitik, Seite 36 und
Seite 41-44) ;
2. der deutsch-englische Gegensatz (s. Bauer Seite 30 und
sozialdemokratische Flugschrift Nr. 12 : Imperialismus oder Sozialismus S. 9-11).
Schlußgedanken.
Kapitalistische Interessen Sind es, die zum Krieg geführt haben und zum Kriege führen mußten. Wenn wir das einsehen, können wir die nationalistische Hetze nicht mitmachen, können wir in die Kriegsbegeisterung nicht einstimmen, können wir auf die Phrase vom „gefährdeten Vaterland" nicht hineinfallen. Unsere Aufgabe muß es vielmehr sein, Schon jetzt und noch vielmehr nach Schluß des Krieges eine intensive Aufklärungsarbeit zu leisten. Noch viel hingebungsvoller und ernster den Kampf zu führen gegen eine Gesellschaftsordnung,
die zu Solchen Greueln führen mußte. Wir haben nur die Wahl
zwischen Kapitalismus und steter Kriegsgefahr oder —
Sozialismus und Weltfrieden.
Unbedingt zu empfehlendes Material :
Radek, der deutsche Imperialismus und die Arbeiterklasse (im Bremer Verlag 1912) ;
Bauer, der Balkankrieg und die deutsche Weltpolitik (Vorwärtsbuchhandlung 1912) ; j
Sozialdemokratische Flugschriften XII (Vorwärts - Verlag 1912).