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Ostukraine: pro-westliches Regime verschärft Militäroffensive
Samstag 3. Mai 2014, von
Ostukraine: pro-westliches Regime verschärft Militäroffensive
Von Alex Lantier und Johannes Stern
Das vom Westen unterstüzte Regime in Kiew verschärft die gewaltsame Niederschlagung der regierungsfeindliche Proteste in der Ostukraine. Es provoziert damit einen offenen Bürgerkrieg, der sich zu einem Krieg zwischen den Westmächten und der Atommacht Russland ausweiten kann.
Am Freitag begann die ukrainische Armee die “aktive Phase” eines sogenannten “Anti-Terror-Einsatzes” gegen Regierungsgegner in den ostukrainischen Städten Slowjansk und Kramatorsk. Nach ukrainischen Regierungsangaben kam es zu zahlreichen Opfern. Interimspräsident Alexander Turtschinow sprach von “vielen Toten” auf Seiten der Regierungsgegner und bestätigte den Tod von zwei ukrainischen Soldaten. In einer Fernsehansprache beschimpfte er die Gegner seiner rechten Putschistenregierung als “Kriminelle”, die “viele Verluste erlitten” hätten. “Viele wurden getötet, verwundet und es gibt viele Gefangene”, brüstete sich Turtschinow.
In Odessa am Schwarzen Meer attackierten Unterstützer des Regimes in Kiew, darunter Mitglieder des faschistischen Rechten Sektors, ein Protestcamp von Regierungsgegnern. Sie setzen ein naheliegendes Gewerkschaftsgebäude in Brand, in das die anti-Maidan Aktivisten geflohen waren. Dutzende Menschen kamen in den Flammen oder bei Sprüngen aus dem brennenden Gebäude ums Leben. Das ukrainische Innenministerium sprach von 38 Toten.
Die brutale Militäraktion in der Ostukraine, bei dem Panzer, schwere Artillerie, Kampfhubschrauber und Flugzeuge gegen die Bevölkerung eingesetzt werden, wird von den westlichen Mächten voll unterstützt.
Während ihre Handlanger in Kiew ein Blutbad anrichteten, schickten Washington und Berlin neue Drohungen Richtung Moskau. “Wir stehen geeint in unserer Geschlossenheit, Russland einen Preis für seine Aktivitäten zahlen zu lassen”, erklärte US-Präsident Barack Obama nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus. Merkel ihrerseits drohte mit weiteren Sanktionen. Europa sei darauf vorbereitet. „Es ist uns ernst“, erklärte sie.
Bereits am 1. Mai hatten Nato-Vertreter eine weitere Stufe der militärischen Mobilmachung gegen Russland bekannt gegeben. Gleichzeitig führte das prowestliche Regime in Kiew die allgemeine Wehrpflicht wieder ein, um die Niederschlagung der sich ausweitenden prorussischen Proteste in der Ostukraine voranzutreiben.
Das weit rechts stehende Regime in Kiew nahm die ins Stocken geratene Militäraktion wieder auf, nachdem oppositionelle Protestierer und Milizen weitere Städte und Regierungsgebäude in der Ostukraine unter ihre Kontrolle gebracht hatten, und seine Position sich damit weiter geschwächt hatte. In Donezk stürmten die Protestierenden das Büro des Regionalstaatsanwalts und entwaffneten die Polizei. Donezk gehört neben Lugansk, Slawjansk und Kramatorsk zu den zahlreichen Städten, die der Kontrolle Kiews inzwischen entglitten sind.
Eine Erklärung des Übergangspräsidenten Alexander Turtschinow bestätigte, dass die Wiedereinführung der Wehrpflicht für Männer zwischen 18 und 25 Jahren das Ziel verfolgt, die Unruhen in den vorwiegend russischsprachigen Gebieten niederschlagen zu können. „Angesichts der Zuspitzung der Situation im Osten und Süden und zunehmender Stärke bewaffneter prorussischer Kräfte und der Besetzung und Einnahme von öffentlichen Gebäuden“, so die Erklärung, sei dieser Erlass ergangen. Weiter hieß es, dass die Proteste „die territoriale Integrität der Ukraine bedrohen“.
Turtschinows Rechtfertigungsversuche für die Niederschlagung der Proteste sind ein politischer Betrug. Sein Regime, Ergebnis eines vom Westen unterstützten Putsches, steht nicht für die Unabhängigkeit oder territoriale Integrität der Ukraine. Das Regime hat die Antiterroreinsätze in Gesprächen mit hochrangigen amerikanischen Vertretern wie CIA-Direktor John Brennan und Vizepräsident Joe Biden geplant. Brennan und Biden besuchten Kiew, als das Regime die ersten derartigen Unterdrückungsmaßnahmen begann.
Auch die Zustimmung zu einem 17-Milliarden-Hilfskredit des Internationalen Währungsfonds unterstreicht die Verachtung des Kiewer Regimes und seiner imperialistischen Hintermänner für die ukrainische Bevölkerung. Der Kredit ist gebunden an unpopuläre Erhöhungen für Energiepreise und an Massenentlassungen im öffentlichen Dienst, wogegen es in mehreren Städten bereits zu Protesten kam.
Die brutale Offensive des Regimes in Kiew, das bei seinen Unterdrückungsmaßnahmen zunehmend auf private Milizen unter Führung von Oligarchen-Unternehmern und auf die faschistischen paramilitärischen Kräfte des Rechten Sektors setzt, bringt die Welt an den Rand eines Kriegs. Moskau hat erklärt, es werde „alle Mittel“ ausschöpfen, um ethnische Russen vor ukrainischen Sicherheitskräften zu schützen, wenn die Repression des Kiewer Regimes in große Massaker an der Bevölkerung der Ostukraine eskaliert. In einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am 1. Mai hat Präsident Putin gefordert, dass alle ukrainischen Truppen aus der Ostukraine abgezogen werden.
Eine blutige Niederschlagung der Proteste würde bedeuten, das seine über eine Million Mann starke Armee, die von der Nato unterstützt und ausgerüstet wird, direkt an der südwestlichen Grenze zu Russland steht. Das Regime in Kiew erfüllt damit die Wünsche seiner westlichen imperialistischen Herren, die systematisch in ganz Osteuropa aufzurüsten, und damit einem Krieg mit Russland den Weg ebnen.
Der stellvertretende Nato-Generalsekretär Alexander Vershbow hat Russland am 1. Mai als Feind bezeichnet. „Die Russen haben die Nato eindeutig zum Gegner erklärt. Wir dürfen daher Russland von nun an nicht länger als Partner, sondern eher als Gegner betrachten“, sagte er.
Die Nato, so Verschbow, könne ihre in der Nato-Russland-Grundakte von 1997 gegebene Zusage, in Osteuropa keine Nuklearwaffen oder große Truppenstärken zu stationieren, zurücknehmen. Da Russland die Krim annektiert habe und angesichts der Proteste in der Ostukraine hätten die NATO „das Recht“, diese Abmachung für ungültig zu erklären und auf Dauer „große“ Truppenstärken in Osteuropa zu stationieren.
Die Westmächte nutzen die Ukraine-Krise aus, um der europäischen und der Weltpolitik eine neue Ausrichtung zu geben. So wie der US-Imperialismus den 11. September 2001 benutzte, um eine Reihe von unpopulären Kriegen im Nahen Osten zu führen, soll die Ukraine-Krise den westlichen imperialistischen Mächten die Rechtfertigung für eine gewaltige militärische Eskalation und für die Vorbereitung großer Kriege liefern.
Behauptungen des Westens, die rücksichtslose Eskalation der Nato sei eine Reaktion eine angebliche militärische Aggression Russlands, sind gelogen. Die Proteste in der Ostukraine, die zuvor die Machtbasis des prorussischen, durch den Putsch im Februar gestürzten Präsidenten Wiktor Janukowitsch bildete – sind nicht das Ergebnis russischer Aggression, sondern einer breiten Opposition gegen die Oligarchen und Faschisten, die an der Spitze des Regimes in Kiew stehen. Sie sind eine Konsequenz der rücksichtslosen Entscheidung der Nato-Mächte, angeführt von Washington und Berlin, den Putsch zu unterstützen und die Spannungen mit Moskau anzuheizen.
Seit dem Putsch in Kiew haben Washington und seine Nato-Verbündeten Kampfjets und Bodentruppen in Polen, den baltischen Staaten und Rumänien stationiert. Außerdem haben sie Marineeinheiten in die Ostsee und ins Schwarze Meer verlegt, während sie in heuchlerischer Manier Russland verurteilen, es würde Truppen an seiner westlichen Grenze zur Ukraine stationieren.
Verschbow sagte, die Nato werde weitere Truppen verlegen, um in der Lage zu sein, schnell in den baltischen Staaten einzugreifen: „Wir wollen ganz sicher sein, dass wir diesen Ländern bei jeder Bedrohung, sollte sie auch nur indirekt sein, zu Hilfe kommen können, ehe vor Ort Fakten geschaffen werden können.“
Solche Stationierungen wären in höchstem Maße provokativ. Nato-Truppen im nördlichsten baltischen Staat, Estland, wären dann weniger als 100 Meilen von Russlands zweitgrößter Stadt St. Petersburg entfernt.
Nato-Vertreter kündigten vorgestern an, dass man nach Möglichkeiten suche, die ehemalige Sowjetrepublik Georgien im südlichen Kaukasus in die Nato aufzunehmen.
Auch dieser Schritt erhöht das Risiko eines Krieges zwischen Russland und der Nato. Russland und Georgien führten 2008 einen kurzen Krieg gegeneinander, nachdem Georgien russische Friedenssoldaten angegriffen hatte, die auf georgischem Gebiet mit russischer Minderheit entlang der Grenze zu Russland stationiert waren. Wäre Georgien damals Nato-Mitglied gewesen, hätten sich die anderen Nato-Mächte auf den Artikel 5 des Nato-Gründungsvertrags über gegenseitige militärische Beistandspflicht berufen können, um eine Intervention in diesem Krieg auf der Seite Georgiens zu begründen.
Der Nato-Sonderbeauftragte für den Kaukasus, James Appathurai, sagte, die Nato würde russische Einwände gegen eine Nato-Mitgliedschaft Georgiens ignorieren.
“Was Russland sagt oder tut, hat keinen Einfluss auf unsere Entscheidung”, erklärte er brüsk. „Wir beurteilen Georgien nach dem, was es tut, und interessieren uns nicht dafür, was anderswo passiert, auch nicht für Kommentare aus dem Kreml oder von woanders. Wir überlegen uns jetzt natürlich, was wir als nächstes tun können, um Georgien enger an die Nato zu binden und unsere Ziele zu erreichen“.